Welche Rechte haben Sie als Zeugnisempfänger/in? (Teil 6)

October 9, 2023
Karsten Umnuß

Partner

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Für Empfänger/Empfängerinnen ist das Thema Arbeitszeugnis nicht immer leicht verständlich. In dieser Serie geht gunnercooke Partner für Arbeitsrecht Dr. Karsten Umnuß näher auf einzelne Aspekte von Arbeitszeugnissen ein und gibt hier einen kurzen Überblick über das, was Ihnen als Mitarbeiter/Mitarbeiterin rechtlich eigentlich zusteht.

Wenn Sie sich weiter über dieses Thema informieren möchten und zusätzliche Tipps suchen, dann werfen Sie einen Blick in das Buch Arbeitszeugnisse für Führungskräfte (Knobbe, Leis & Umnuß, Haufe Group, 2022).

Was steht Ihnen rechtlich in welcher Situation zu?

Ihr Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin stellt kein Zeugnis aus

Wussten Sie, dass Ihr Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin eigentlich nicht verpflichtet ist, automatisch ein Zeugnis zu erteilen? 

Aus diesem Grund sollten Sie zeitnah und in nachweisbarer Form mit ausreichend Zeit vor dem Beendigungstermin des Anstellungsverhältnisses Ihr Zeugnis anfordern.

Achtung: Denken Sie daran klar festzulegen, welche Art von Zeugnis Sie benötigen (einfaches oder qualifiziertes Endzeugnis) und lassen Sie sich nicht allzu viel Zeit bei der Anforderung nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses, denn Ihr Anspruch kann bei einem Untätigkeitszeitraum von 10 – 15 Monaten verfallen!

Sie können unter bestimmten Umständen im bestehenden Anstellungsverhältnis ein Zwischenzeugnis einfordern.

Ein Zwischenzeugnis dient grundsätzlich demselben Zweck wie ein Endzeugnis: und zwar Dritte über Ihre Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens zu informieren. 

In bestimmten Situationen sind Sie berechtigt (und es ist empfehlenswert), ein Zwischenzeugnis zu beantragen.

Als berechtigte Gründe zählen:

  • eine vom Arbeitgeber/ von der Arbeitgeberin in Aussicht gestellte Kündigung
  • ein eigener Stellenwechsel
  • Änderungen im Arbeitsbereich (Versetzung oder Wechsel des Vorgesetzten)
  • Insolvenz
  • Bewerbungen
  • Fort- und Weiterbildung
  • längere Arbeitsunterbrechung
  • zur Vorlage bei Gerichten, Behörden oder für Kreditanträge

Können Sie Änderungen des Zeugniswortlautes gerichtlich durchsetzen?

Im Falle eines nicht erteilten oder nicht ordnungsgemäß verfassten Arbeitszeugnisses können Sie einen Klageantrag auf Erstellung des Zeugnisses bzw. mit Ihren Änderungswünschen einreichen. 

Achtung: Dies gilt allerdings nur, soweit die Formulierungen dem Grundsatz der Zeugniswahrheit entsprechen. Ihr Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin kann also auch Umstände vorbringen, die gegen Ihre Änderungswünsche sprechen.

Zudem können Sie Ihren Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin rechtlich nicht zu bestimmten Formulierungen (Ausnahmen: die Beurteilungskernsätze) zwingen, solange er/sie doppeldeutige Ausdrücke und verschlüsselte Kennzeichen vermeidet. Im Gerichtsverfahren geht es vor allem um das Streichen falscher oder widersprüchlicher Sätze und das Aufnehmen fehlender Informationen.

Die sogenannte Schlussformel („Dankes-Bedauerns-Formel“ mit Zukunftswünschen) können Sie nicht gerichtlich durchsetzen. 

Wussten Sie, dass Sie für das Verfahren vor dem Arbeitsgericht keinen Rechtsanwalt/keine Rechtsanwältin benötigen und den Prozess selbst führen können?

Was müssen Sie als Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin gerichtlich beweisen?

Die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der im Zeugnis enthaltenen Tatsachen liegt grundsätzlich bei Ihrem Arbeitgeber/Ihrer Arbeitgeberin. Herrscht jedoch eine Uneinigkeit über den Umfang Ihrer Aufgaben, müssen Sie zunächst Ihren Arbeitsbereich und die Erfüllung Ihrer Tätigkeiten darlegen und beweisen.

Für die Gesamtbeurteilung gilt Folgendes: beanspruchen Sie als Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin die Bescheinigung überdurchschnittlicher Leistungen, tragen Sie dafür die Beweislast. Möchte Ihr Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin jedoch seine Bewertung negativer (unterdurchschnittlich) formulieren, liegt die Beweislast bei ihm/ihr.

Tipp: Da oft im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches Ihrem Arbeitgeber/Ihrer Arbeitgeberin nahegelegt wird, ein „wohlwollendes Zeugnis“ zu erteilen und dies nicht automatisch ein „gutes“ Zeugnis sein muss, wird empfohlen, einen Entwurf des Zeugnisses zum Inhalt des gerichtlichen Vergleiches zu machen. Somit lassen sich weitere Auseinandersetzungen vermeiden.

Fazit

Auch als Zeugnisempfänger/Zeugnisempfängerin ist es wichtig zu wissen, was Sie rechtlich durchsetzen können und was nicht, sonst geht man mit einer falschen Erwartungshaltung in eine gerichtliche Auseinandersetzung. 

Viel mehr zu diesen Themen (inklusive Zeugnismuster und Bausteine) finden Sie im von Dr. Thorsten Knobbe, Dr. Mario Leis und Dr. Karsten Umnuß verfassten Buch Arbeitszeugnisse für Führungskräfte

Mehr über unser gunnercooke-Team für Arbeitsrecht finden Sie hier.