MiCAR: So wird die Kryptobranche fit für die Zukunft

August 1, 2023
Wolfgang Richter

Partner

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Nachdem die europäische Finanzlandschaft viele Jahre zersplittert war und in nahezu jedem Staat andere Regelungen für die Kryptobranche galten, wird bald die „Markets in Crypto-Assets Regulation“ (MiCAR) in Kraft treten und ab Mitte 2024 die stark differenzierende Gesetzgebung in Bezug auf Kryptowerte beenden.

Inhalte und Geltungsbereich

Das Gesetzeswerk greift bestehende Regularien wie die ProspektVO oder MiFID II auf, erweitert diese allerdings in Bezug auf spezifische Kryptodienstleistungen und durch Sonderregelungen für bestimmte Tokenarten. Darüber hinaus beansprucht sie quasi weltweite territoriale Geltung und gewährt unter anderem neue Widerrufsrechte. Damit schafft die EU einen stabilen Handlungsrahmen für die Geldanlage und den Handel mit Kryptowerten – unabhängig von der genutzten Technologie.

Da es bei Decentralized-Finance-Emissionen oft an Anbietern fehlt, werden zukünftig darüber hinaus nicht nur diese, sondern auch Anbieter von Kryptodienstleistungen von der MiCAR betroffen. Die Regelung definiert Kryptowerte als die digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger- oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können, schließt allerdings Security, Investment oder Asset Token von der Regelung aus, da sie herkömmlichen Finanzprodukten wie Aktien oder Schuldtiteln von der Funktionsweise her ähneln.

Vorschriften im Detail

Zukünftig dürfen Kryptowerte grundsätzlich nur von juristischen Personen inklusive OHG und KG mit Sitz in der EU angeboten werden, das Gleiche gilt für Dienstleistungen. Dieser Grundsatz gilt im Übrigen auch für alle anderen Kryptowerte: Besonders zu beachten ist hier das Widerrufsrecht, das eine Neuerung darstellt. Hiernach haben Erwerber von Kryptowerten (außer bei wertreferenzierten und E-Geld-Token) ein 14-tägiges Widerrufsrecht für Verbraucher, falls die Kryptowerte direkt vom Emittenten oder von einem Anbieter erworben werden.

Große Unterschiede zur aktuellen deutschen Regelung gibt es bei der MiCAR zu Currency Token: Das Kryptoverwahrgeschäft solcher Token ist in Deutschland bereits reguliert und erlaubnispflichtig, denn sie gelten gemäß § 1 Absatz 11 Satz 1 KWG als Rechnungseinheiten. Aus heutiger Sicht sind in Deutschland sowohl die MiCAR als auch das KWG anzuwenden, denn die Verwahrung, Verwaltung und Sicherung von Krypto-Schlüsseln ist von beiden Rechtsordnungen erfasst.

Zurzeit ist nicht bekannt, ob eine Anpassung deutscher Gesetze erfolgen wird. Ebenfalls zulassungspflichtig ist laut MiCAR das Angebot von wertreferenzierten Token und deren Handelszulassung sowie alle Dienstleistungen rund um E-Geld-Token. Demnach müssen E-Geld-Token grundsätzlich sowohl die E-Geld Richtlinie als die MiCAR erfüllen, es genügt eine Zulassung als Kreditinstitut oder als „E-Geld- Institut“ nach der E-Geld-Richtlinie.

Whitepaper- und weitere Pflichten

Whitepaper sollen die Markttransparenz verbessern und Offenlegungs- sowie Informationszwecken dienen. Die Vorgaben der MiCAR wurden dahingehend um kryptospezifische erweitert, beispielsweise um Informationen zu den wesentlichen Merkmalen des Kryptowerts, seinen Risiken oder der zugrunde liegenden Technologie.

Alle Informationen müssen klar und verständlich aufgeführt werden. Emittenten benachrichtigen nur die zuständige Behörde ihres Herkunftsstaats spätestens 20 Arbeitstage vor Veröffentlichung.

Aber Achtung: Für falsche Angaben (außer bei wertreferenzierten oder EGeld-Token) haftet nicht nur der Emittent des Kryptowerts, sondern auch dessen Leitungsorgane. Sie müssen beispielsweise Interessenkonflikte vermeiden, bei Veränderungen in ihrem Leitungsorgan erfüllen und weitere Anforderungen zur Unternehmensführung, Eigenmittelanforderungen, Vermögenswertreserve und Verwahrung des Reservevermögens bedienen.

Folgen für Emittenten und Dienstlesiter: Nach Inkrafttreten von MiCAR werden Anbieter von Kryptowerten und Dienstleistungen viele neue Anforderungen erfüllen und spezielle MiCAR-Erlaubnisse einholen müssen. Das Verfahren zur Erteilung und zum Entzug wird durch die zuständige nationale Behörde geführt, für Deutschland also die BaFIN. Bereits nach MiFID II zugelassene Kreditinstitute haben leichtere Voraussetzungen, dasselbe gilt für Wertpapierfirmen, die gemäß derichtlinie 2014/65/EU die Zulassung besitzen.

Diese müssen jedoch die Aufnahme von Kryptodienstleistungen gegenüber der BaFIN bekannt geben, es sei denn, es handelt sich um Kryptoverwahrgeschäfte nach KWG. Hier gibt es einen deutschen Sonderweg, denn diese haben keine Grundlage in MiFID II oder einer sonstigen europäischen Richtlinie und müssen eine reguläre Erlaubnis gemäß Art. 53ff MiCAR beantragen.

Ausblick

Die Regulierung des Marktes wird für viele Teilnehmer neue Regulierungspflichten und erhebliche Haftungserweiterungen mit sich bringen. Damit geht ein nicht unerheblicher bürokratischer Aufwand einher. In den letzten Jahren haben sich allerdings bereits im durch MiFID II regulierten Kryptomarkt erfolgreiche White-Label-Banking-Ansätze etabliert.

Da zugelassene Kreditinstitute auch MiCAR-relevante Leistungen erbringen können, kann davon ausgegangen werden, dass auch hier entsprechende Geschäftsmodelle angeboten werden. Dies wird auch kleineren Unternehmen und Start-ups erlauben, weiterhin an diesem Markt teilzunehmen. Es wird sich zeigen, ob die Regelungen künftig Anleger besser schützen, Krisen wie die FTX-Insolvenz vermeiden und gleichzeitig Finanzstabilität und Innovationsförderung innerhalb der Union und Expansion gewährleisten.

Dieser Artikel wurde erstmals am 23.02.2023 von gi Geldinstitute veröffentlicht. Sie finden den Originalartikel hier: https://www.geldinstitute.de/trends/2023/02/micar–so-wird-die-kryptobranche-fit-fuer-die-zukunft.html