Fit for 55 & Abgaben an CO2 Importe – Was hat das miteinander zu tun?

July 25, 2023
Dirk Voges

Partner

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Was zu Beginn des neuen Jahres 2023 klingt wie ein Fitnessprogramm für Menschen der geburtenstarken Jahrgänge oder der Werbespruch für ein Fitnessstudio, stellt sich bei näherer Betrachtungsweise als ein Fitnessprogramm für die europäische Klima- und Energiepolitik her, das von der EU in Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015 am 14. Juli 2021 vorgestellt und beschlossen worden ist: die Netto-Treibhausgasemissionen in der EU sollen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 reduziert werden. 

Fit for 55 – was wird dabei in Angriff genommen?

Das „FIT for 55“ sieht neben der Anpassung bestehender EU-Richtlinien und EU-Verordnungen die Verabschiedung neuer gesetzlicher Regularien vor:

  • Eine neue EU-Waldstrategie
  • Einen separaten Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr (ETS 2)
  • Einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)
  • Eine Climate Social Fund
  • ReFuelEU Aviation – zur Gestaltung von nachhaltigen Flugtreibstoffen
  • FuelEU Maritime – zur Gestaltung von nachhaltigen Treibstoffen für die Seeschifffahrt

Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei dem CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz „CBAM“) zu.

Da es aktuell keine globale CO2-Bepreisung gibt, in der EU aber CO2-Emissionszertifikate im Rahmen des Emissionshandelssystems („EHS“ oder „ETS“) gehandelt werden, stellt dies für europäische Unternehmen in CO2-intensiven Branchen einen wettbewerblichen Nachteil gegenüber Unternehmen derselben Branche, die keine CO2-Abgaben leisten müssen, dar, da sie viel Geld für die Zertifikate ausgeben müssen.

Damit besteht auch das Risiko, dass europäische Unternehmen ihre Produktion in Länder außerhalb der EU verlagern, deren Klimapolitik als „wirtschaftsfreundlicher“ wahrgenommen wird.Um diesen Wettbewerbsnachteil auszugleichen sowie das Risiko der Abwanderung von CO2-intensiven Unternehmen aus der EU zu minimieren, soll CBAM durch Erhebung eines verhältnismäßigen CO2-Zolls für Importe Nachteile und Risiken für die europäischen Unternehmen in CO2-intensiven Branchen aufheben. Der CBAM-Grenzausgleichsmechanismus soll für europäische Unternehmen einen globalen CO2-Preis nachahmen, d.h. die Höhe des CO2-Zolls soll sich an der Bepreisung für die europäischen CO2-Zertifikate orientieren. Auch wurde eine Rückerstattung der geleisteten CO2-Abgaben für europäische Unternehmen, die in Länder exportieren, welche keinen oder einen geringeren CO2-Preis erheben, diskutiert.

Aktuelle Entwicklung

Am 13.12.2022 haben die Verhandlungsführer der 27 EU-Mitgliedsstaaten eine Einigung über die inhaltliche Ausgestaltung der CBAM-Verordnung erzielt, die nach aktuellen Informationen folgendes zum Inhalt hat:

1.     Importeure von erfassten Produkten in die EU müssen CO2-Zertifikate zu einem Preis kaufen, der dem Preis für CO2 Emissionszertifikate entspricht, den ein in der EU ansässiges Unternehmen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (ETS) gezahlt hätte. Die Abgabenhöhe soll sich nach dem durchschnittlichen Wochenpreis für EU-Emissionszertifikate (EU-ETS) pro Tonne bestimmen, damit der CO2-Preis möglichst genau abgebildet wird.

Importeure, die bereits einen Preis für CO2 in dem Land gezahlt haben, in dem die importierte Ware hergestellt wurde, können die entsprechenden Kosten abziehen. Dieser Abzug soll jedoch nicht möglich sein bei Importen aus Ländern, die keine Kohlenstoffabgabe erheben, selbst wenn diese Länder andere Maßnahmen zur Reduzierung des Kohlenstoffausstoßes ergreifen, wie z. B. die Einführung von Kohlenstoffgrenzwerten.

2.    CBAM wird in einem ersten Schritt ab voraussichtlich Oktober 2023 die Importeure von

  • Zement
  • Eisen und Stahl
  • Aluminium
  • Düngemittel
  • Elektrizität
  • Wasserstoff

erfassen. Darüber hinaus werden bestimmte Vorprodukte und eine begrenzte Anzahl von nachgelagerten Produkten wie Schrauben, Bolzen und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl von CBAM erfasst. Ferner ist geplant, in einer Übergangsphase, die maximal bis zum Dezember 2026 gehen wird, die Anwendung von CBAM auf eine breitere Produktpalette zu prüfen, zu der auch organische Chemikalien und Polymere zählen sollen.

3.     Mit Beginn der Einführungsphase im Oktober 2023 sollen Importeure der erfassten Produkte die direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Waren entstanden sind, berechnen und dokumentieren. Ferner sollen sie vierteljährlich den sog. CBAM-Bericht einreichen, in dem sie die Importmenge der direkten und indirekten im Herkunftsland ausgestoßenen CO2-Emissionen und den hierfür gezahlten CO2-Preis darlegen. Während der Einführungsphase ist ein CO2-Zoll auf die importierte Ware noch nicht zu zahlen.

4.  Spätestens ab Januar 2027 soll CBAM in vollem Umfange greifen, d.h. ab diesem Zeitpunkt wird die Verpflichtung zur Zahlung einer CO2-Abgabe wie vorstehend beschrieben schrittweise über einen Zeitraum von neun Jahren eingeführt werden. Neben dieser Zahlungsverpflichtung sollen die Importeure noch weitere Aufgaben zu erfüllen haben:

  • Antrag auf Erteilung einer CBAM-Anmeldeberechtigung bei der CBAM-Behörde am Ort der Niederlassung;
  • Berechnung der mit der importierten Ware verbundenen direkten und indirekten Emissionen;
  • Überprüfung der angegebenen Daten zu den direkten und indirekten Emissionen durch eine akkreditierte Prüfstelle;
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM-Behörde;
  • Die Verfassung und Einreichung eines jährlichen CBAM-Berichts bis zum 31. Mai jeden Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Waren verbundenen Emissionen. Die entsprechende Anzahl an CBAM-Zertifikaten muss ebenfalls an diesem Stichtag abgegeben werden.

Nächste Schritte

Damit die CBAM-Verordnung wie vorstehend skizziert in Kraft treten kann, muss sie vom Rat der EU (in dem die EU-Regierungen vertreten sind) und dem Europäischen Parlament formell genehmigt werden. Dies wird voraussichtlich Ende März / Anfang April 2023 der Fall sein. 20 Tage nach der Veröffentlichung der genehmigten Textfassung im EU-Amtsblatt wird die CBAM-Verordnung in Kraft treten.

Für weitere Fragen zu rechtlichen Themen der Bereiche Erneuerbare Energien & Klima steht Ihnen Dirk und unser Team bereit.