Die Eigenverwaltung hat sich als Sanierungsinstrument im Insolvenzverfahren etabliert. Geschäftsführer können das Unternehmen in dieser Phase eigenverantwortlich fortführen – allerdings unter hohen Anforderungen.
Besonders relevant ist die persönliche Haftung für sogenannte Masseverbindlichkeiten, also Verbindlichkeiten, die nach der Eröffnung des Verfahrens begründet werden. Ein aktueller Beschluss des OLG Düsseldorf verdeutlicht die Risiken für Geschäftsführer erneut.
Rechtliche Einordnung: Geschäftsführer haften wie Insolvenzverwalter
Der Bundesgerichtshof hat bereits 2018 entschieden, dass die Haftungsregeln der Paragrafen 60 und 61 der Insolvenzordnung, die eigentlich für Insolvenzverwalter gelten, auch auf Geschäftsführer in Eigenverwaltung anzuwenden sind. Der Grund liegt in einer planwidrigen Gesetzeslücke, die durch eine analoge Anwendung geschlossen wird.
Das bedeutet: Geschäftsführer in der Eigenverwaltung
- übernehmen zusätzlich zu ihren gesellschaftsrechtlichen auch insolvenzrechtliche Pflichten,
- verwalten die Insolvenzmasse eigenverantwortlich,
- und haften für neue Verbindlichkeiten, wenn sie diese ohne Prüfung der finanziellen Deckung durch die Masse eingehen.
Neue Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf hat im November 2024 diese Linie bekräftigt und die Anforderungen konkretisiert. Demnach haftet der Sanierungsgeschäftsführer persönlich, wenn er beim Eingehen einer neuen Verpflichtung nicht vorher prüft, ob die Insolvenzmasse zur Erfüllung ausreichen wird.
Wesentliche Aussagen des Gerichts:
- Haftungsgrund ist nicht die spätere Nichterfüllung, sondern die fehlende Vergewisserung im Vorfeld,
- der Geschäftsführer muss im Streitfall nachweisen, dass die Masse voraussichtlich ausgereicht hätte oder dass er die unzureichende Deckung nicht erkennen konnte,
- an die Sorgfalt werden dieselben Anforderungen gestellt wie an einen Insolvenzverwalter,
- sogenannte Sekundäransprüche aus allgemeiner Vertragsverletzung fallen nicht unter Paragraf 61 InsO; geschützt werden nur bestimmte Massegläubiger, insbesondere solche, deren Forderung durch den Vertragsschluss entstanden ist.
Handlungsempfehlung für Geschäftsführer und CROs
Geschäftsführer und Sanierungsverantwortliche sollten sich dieser Haftung bewusst sein und sich entsprechend vorbereiten. Konkret empfiehlt sich:
- frühzeitige und realistische Finanzplanung – insbesondere für die ersten sechs Monate des Verfahrens nach Paragraf 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO,
- Abschluss von Verträgen nur, wenn die finanzielle Erfüllbarkeit durch die Masse gegeben ist,
- sorgfältige Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen für jede neue Verpflichtung.
Fazit: Chancen nutzen, Risiken kennen
Die Eigenverwaltung bleibt ein wichtiger Baustein der Unternehmenssanierung, bringt aber erhebliche persönliche Haftungsrisiken für Geschäftsführer mit sich. Die Rechtsprechung hat sich seit 2018 klar in Richtung einer erweiterten Verantwortung entwickelt. Wer diese Risiken kennt und entsprechend handelt, kann die Eigenverwaltung rechtssicher und verantwortungsvoll gestalten.
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