Gericht stoppt Gleichmacherei bei Baukostenzuschüssen: Batteriespeicher sind keine Stromverbraucher wie alle anderen
Von außen betrachtet wirkt das Thema spröde, fast nebensächlich: Baukostenzuschüsse – jene Zahlungen, die Betreiber von Erzeugungs- oder Verbrauchsanlagen leisten müssen, um ans Stromnetz angeschlossen zu werden.
Für Projektentwickler von Batteriespeichern aber war es über Jahre ein zentrales Investitionshemmnis.
Im Dezember 2023 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 20.12.2023 (Az 3 Kart 183/23) allerdings ein Machtwort gesprochen: Die bisher gängige Berechnungspraxis der Zuschüsse, wie sie viele Netzbetreiber nach Vorgaben der Bundesnetzagentur (BNetzA) handhabten, sei rechtswidrig – jedenfalls soweit Speicheranlagen genauso behandelt werden wie herkömmliche Stromverbraucher.
Die zentrale Aussage: Batteriespeicher sind keine „normalen“ Letztverbraucher – und dürfen deshalb bei der Berechnung von Baukostenzuschüssen nicht so behandelt werden, als wären sie es.
Mit dieser Entschediung hat das OLG Düsseldorf an einer seit Jahren etablierten Praxis gerüttelt und die Marktteilnehmer damit in Zugzwang gebracht, denn der Beschluss verpflichtet die BNetzA lediglich, die Berechnungsmethode neu zu prüfen – auf Basis der rechtlichen Maßgaben des Gerichts.
Wie alles begann: Ein Streit, der zum Präzedenzfall wurde
Der Fall, der zur Entscheidung führte, beginnt im Juni 2022. Ein Betreiber eines netzgekoppelten Batteriespeichers weigert sich, einen Baukostenzuschuss zu zahlen, wie ihn der zuständige Verteilnetzbetreiber im Netzanschlussvertrag verlangt – ein sechsstelliger Betrag. Der Betreiber sieht darin eine unzulässige Gleichbehandlung: Speicher, so sein Argument, seien keine typischen Verbraucher, sondern könnten das Netz entlasten, Lastspitzen abfangen, Erzeugung und Verbrauch zeitlich entkoppeln.
Die Bundesnetzagentur entscheidet im Dezember 2022 zugunsten des Netzbetreibers – und verweist auf die bisherige Praxis. Doch der Speicherbetreiber gibt sich nicht geschlagen und legt Beschwerde beim OLG Düsseldorf ein.
Die Argumentation des Gerichts: Speicher als Hybridwesen
Die Richter folgen im Kern der Argumentation des Speicherbetreibers – und entwickeln sie weiter. In seiner Begründung stellt das Gericht klar: Speicher vereinen in sich zwei Funktionen – sie nehmen Strom auf und geben ihn wieder ab. Diese Doppelnatur unterscheide sie grundlegend von herkömmlichen Verbrauchern. Deshalb sei es nicht nur sachlich falsch, sondern auch rechtlich problematisch, sie bei der Zuschussberechnung gleich zu behandeln. Denn das führe zu einer Diskriminierung im Sinne des § 17 EnWG.
Was genau moniert das Gericht?
Das angewandte „Leistungspreismodell“ diskriminiere Speicher, weil es deren Doppelfunktion – sowohl als Verbraucher als auch als Einspeiser – ignoriere. Es handele sich also nicht um eine zulässige Gleichbehandlung, sondern um eine unzulässige Gleichmacherei.
Die Richter formulieren, was viele in der Branche seit Langem sagen: Speicher müssen regulatorisch anders gedacht werden. Sie sind nicht bloß passive Abnehmer, sondern aktive Netzakteure. Wer ihre Netzdienlichkeit systematisch ausblendet, schadet nicht nur den Speicherprojekten, sondern auch der Energiewende insgesamt.
Zugleich bleibt das Gericht aber realistisch: Eine generelle Befreiung von BKZ für Speicher postuliert es nicht. Wohl aber die Pflicht zur Differenzierung – und zur diskriminierungsfreien Gestaltung der Berechnungsmethoden. Die besondere Systemrelevanz von Speichern – ihre Funktion zur Stabilisierung der Netze, zur Integration erneuerbarer Energien, als Alternative zum Netzausbau – sei in der bisherigen Zuschusspraxis nicht angemessen berücksichtigt worden.
Keine Befreiung – aber ein Paradigmenwechsel
Wichtig ist: Das OLG hat nicht grundsätzlich die Möglichkeit zur Erhebung von Baukostenzuschüssen bei Speichern aufgehoben. Das Gericht hat die Bundesnetzagentur lediglich verpflichtet, ihre Entscheidung im konkreten Fall unter Berücksichtigung der neuen Maßstäbe zu überdenken. Es bleibt ihr überlassen, wie sie diesen Rahmen konkret ausgestaltet – ob sie etwa künftig differenzierte Modelle zulässt, regionale Unterschiede glättet oder bestimmte Speicherarten ganz freistellt. Auch die Netzbetreiber sind aufgefordert, ihre Vertragsmuster zu überarbeiten.
Allerdings, das letzte Wort ist in der Sache noch nicht gesprochen, denn die BNetzA hat Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. Und so hat die gesamte Energiebranche am 27.05.2025 mit Spannung nach Karlsruhe geblickt und eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Zulässigkeit von Baukostenzuschüssen nach dem Leistungspreismodell für Batteriespeicher erwartet.
Der BGH hat jedoch hat die Erwartungen der Branche nicht erfüllt und den Termin ohne eine Entscheidung beendet. Das Gericht hat nunmehr Verkündungstermin für den 15.07.2025 bestimmt, allerdings bleibt abzuwarten, ob an diesem Tage der Richter am BHG auch ein abschließendes Urteil verkünden werden.
Der Branche wäre es zu wünschen, denn die bestehende Rechtsunsicherheit lastet auf der Projektentwicklung von Batteriespeicherprojekten ebenso wie auf Investitionsentscheidungen und dem notwendigen Netzausbau durch die Netzbetreiber.
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