Mit der zunehmenden Anzahl von Online-Dating-Plattformen und florierenden Vermittlungsdiensten wächst gleichzeitig die Gefahr von Ausbeutung und Betrug. Dies geschieht, weil potenzielle Partner, auch aus der Ferne, in einer gewissen Anonymität des digitalen Raums agieren können.
Doch wie können solche schwer zu fassenden Betrüger, die sich im virtuellen Umfeld oder gar im Ausland verbergen, rechtlich zur Verantwortung gezogen werden?
Wie können jene bestraft werden, die vorgeben, ernsthafte Beziehungen einzugehen, nur um den emotionalen Wunsch nach Partnerschaft für finanzielle Zwecke auszunutzen?
Unser Experte Anthony beschäftigte sich im Rahmen eines Mandats ausführlich mit diesem Thema und erläutert uns die Herausforderungen der rechtlichen Verfolgung von Liebesbetrug anhand eines faszinierenden Fallbeispiels.
Der Fall
Es ist möglicherweise schwer zu glauben, aber die fortgeschrittenen Techniken von Betrügern können jeden, ungeachtet seines Alters, Berufs oder sozialen Status, zu einem Opfer von Liebesbetrug machen.
Ein Mandant von Anthony befand sich genau in einer solchen Situation. In einer vermeintlichen Beziehung wurden gemeinsame Zukunftspläne geschmiedet, einschließlich des Kaufs einer Immobilie im Ausland, die dazu verwendet wurde, erhebliche Geldbeträge vom Mandanten zu erfordern.
Dieser Betrug erstreckte sich nicht nur über kurze Zeit – er dauerte vier Jahre, in denen der Mandant schließlich mehr als 1.000.000,00 Euro überwies. Die Geldüberweisungen erfolgten über verschiedene europäische Bankverbindungen, teilweise in Großbritannien, teilweise in der Slowakei, immer auf Konten vermeintlicher Familienmitglieder der Betrügerin.
Im Rahmen dieses langanhaltenden Betrugs gab es gemeinsame Urlaube und regelmäßigen Kontakt zwischen den beiden. Doch irgendwann wurde er misstrauisch, verweigerte weitere Zahlungen und forderte Nachweise an, woraufhin seine vermeintliche Partnerin sich zurückzog.
Nachdem ein Betrug erkannt wurde, zögern Opfer aufgrund der emotionalen Manipulation oft, sich rechtlich zu engagieren. Zudem gestaltet sich die Beweisführung nicht immer einfach.
Dennoch entschied sich der Mandant, rechtliche Schritte einzuleiten und Anthony unterstützte ihn erfolgreich auf diesem Weg.
Wir fragten Anthony, wie kann man in einer solchen Situation am besten vorgehen?
1. Beweise sichern
Zunächst sollten alle Beweise gesichert werden, die gegen den Betrüger verwendet werden können. Haben Sie Kopien der Ausweise Ihrer vermeintlichen Liebesbeziehung? Außerdem sollten auch Nachweise für Überweisungen, Kontoauszüge, Nachrichten usw. gesichert werden. Im vorliegenden Fall existierten Ausweiskopien, da der Mandant unter anderem auch Reisen nach Deutschland für die Liebesbetrügerin bezahlt hat und für die Flugbuchungen die Reisepässe erforderlich waren.
2. Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft
Der nächste Schritt sollte die Erstattung einer Strafanzeige wegen Betrugs bei der zuständigen Staatsanwaltschaft sein. In unserem vorliegenden Fall lebt die Betrügerin in Großbritannien. Da Großbritannien nicht mehr Teil der Europäischen Union ist, gestalten sich Ermittlungen und gerichtliche Zustellungen für die Strafverfolgungsbehörden etwas schwieriger und zeitaufwendiger, insbesondere wenn es sich um eine im Ausland ansässige Person handelt.
Im aktuellen Fall sind die strafrechtlichen Ermittlungen noch im Gange, jedoch wurde bereits Anklage erhoben. Die Ermittlungsbehörden in Großbritannien sind ebenfalls involviert. Nun wartet man auf einen entsprechenden Termin für die Gerichtsverhandlung.
3. Zivilrechtliche Maßnahmen
Falls Sie Opfer eines solchen Betrugs geworden sind, haben Sie weiterhin die Möglichkeit, zivilrechtlich gegen diese Person vorzugehen. Ich empfehle Ihnen dies ausdrücklich, da die Strafverfolgungsbehörden in erster Linie den strafrechtlichen Aspekt verfolgen. Die Wiederbeschaffung Ihres verlorenen Vermögens betrachten diese nicht als ihre Hauptaufgabe. Dafür tragen Sie teilweise die Verantwortung selbst. Ein Adhäsionsverfahren ist zwar möglich, wird aber erfahrungsgemäß von den Strafrichtern nicht besonders gerne gesehen. Es wird dazu geneigt, sich ungern mit zivilrechtlichen Ansprüchen zu befassen.
Daher sollten Sie auch eine zivilrechtliche Schadenersatzklage gegen den Betrüger einreichen. Genau das haben wir für unsere Mandantschaft getan und ein entsprechendes Versäumnisurteil (das noch nicht rechtskräftig ist) vom Landgericht Regensburg unter dem Aktenzeichen 84 O 1083/22 erhalten.
4. Auslandszustellung
Im Fall, dass der Liebesbetrüger oder die Liebesbetrügerin sich im Ausland aufhält, muss die Klage selbstverständlich ins Ausland zugestellt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Klageschrift ordnungsgemäß beglaubigt übersetzt wird. Anschließend sollte vor Gericht beantragt werden, dass die örtlichen Gerichte im betreffenden Land die Zustellung veranlassen. Dies gewährleistet eine korrekte und zweifelsfreie Zustellung der Klage. Im Falle von Unsicherheiten bei der Zustellung verzögert sich der Prozess unnötig.
Sofern Sie Nachweise dafür haben, dass die betroffene Person auch Ihre Muttersprache spricht, kann gegebenenfalls auf die Zustellung in der Landessprache des zustellenden Gerichts verzichtet werden. Für nicht in der EU ansässige Länder muss die Klageschrift für die Zustellung über die örtlichen Gerichte übersetzt sein.
Falls ein Versäumnisurteil oder ein anderes Urteil erlassen wird, ist zu beachten, dass bei einer Auslandszustellung das Versäumnisurteil begründet sein muss. Bei einer Zustellung im Inland ist eine Begründung nicht erforderlich. Dies sollte berücksichtigt werden, da die Vollstreckung eines Versäumnisurteils ohne entsprechende Begründung bei Auslandszustellung nicht möglich ist.
5. Verfahrensausgang
Im vorliegenden Fall wurde die Klage vom Gericht als schlüssig bewertet. Die Beklagte wurde dazu verurteilt, die zu Unrecht erhaltenen Gelder als Schadenersatz, einschließlich der Zinsen gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 Abs. 1 StGB, zu zahlen.
Das Zivilgericht bestätigte den Sachverhalt des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB, der als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen wurde (vgl. Grüneberg, BGB, 82. Auflage 2003, § 823, Rn. 70). Das Gericht bestätigte auch, dass die Beklagte verpflichtet sei, die durch den Betrug erlangten Zahlungen zurückzuerstatten, sowie die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Schadenersatz zu begleichen. Die Verzugszinsen ergeben sich ebenfalls aus § 849 BGB. Zudem wurde die Beklagte verurteilt, sämtliche Verfahrenskosten zu tragen.
Das Versäumnisurteil ist vorläufig vollstreckbar. Sobald die Entscheidung vollständig rechtskräftig ist, werden wir die Vollstreckung in Großbritannien durchführen.
5. Zwangsvollstreckung
Selbstverständlich ist allen Parteien bewusst, dass ein Urteil allein nicht ausreicht. Die Zwangsvollstreckung muss ebenfalls erfolgen. Dennoch erleichtert ein zivilrechtlicher Titel und gegebenenfalls eine strafrechtliche Verurteilung die Rückgewinnung des gesamten Vermögens. Es ist anzunehmen, dass nur ein Teil der Einziehung oder Vollstreckung erfolgreich sein wird, aber durch einen Titel sind Sie besser geschützt als ohne. Falls dennoch Vermögenswerte beim Täter oder der Täterin vorhanden sind, haben Sie einen Titel zur Hand, um Ihre Ansprüche durchzusetzen. Darüber hinaus trägt dies auch dazu bei, Strafverfahren zu beschleunigen und der Staatsanwaltschaft weitere Beweise für die Anklageschrift zu liefern.
Natürlich liegt es nicht in Ihrer Pflicht, die Staatsanwaltschaft zu unterstützen, aber eine Zusammenarbeit kann dazu beitragen, das Verfahren zu beschleunigen.
Falls Sie selbst Opfer eines ähnlichen Betrugs geworden sind oder Fragen haben, können Sie sich gerne an uns wenden. Wir beraten Sie in Ihren Möglichkeiten und unterstützen und begleiten Sie durch alle Instanzen.