“Eine Kombination aus Unternehmergeist und dem Wunsch nach flexibler Zusammenarbeit im internationalen Kontext”
Dr. Wolfgang Richter ist Managing Partner von gunnercooke Germany und hat kürzlich das zweite Jahr der Kanzlei in Deutschland gefeiert. In diesem Interview reflektiert er über die ersten zwei Jahre und erläutert die Fortschritte, die die Kanzlei in dieser Zeit erzielt hat. Wir wollten vor allem wissen, was ihn dazu bewegt hat, diese neue Art der Rechtsdienstleistungen als „Disruptor“ auf dem DACH-Markt zu etablieren und wie er Anwälte:innen identifiziert, die gut zur Kollaborationskultur der Kanzlei passen.
Q: Könntest du uns kurz ein Update zu gunnercooke geben und einen Überblick, welche Fortschritte die Kanzlei dieses Jahr in Deutschland gemacht hat?
Derzeit haben wir etwa 20 Partner an Bord. Vor ungefähr 2,5 Jahren haben wir unsere Tätigkeit in Deutschland aufgenommen, sind also recht schnell gewachsen. Wir haben uns dann im zweiten Halbjahr 2022 konsolidiert. Dabei haben wir unsere internen Prozesse verfeinert, gemeinsame Projekte initiiert und produktive Treffen mit unseren Partnern und dem UK-Management abgehalten.
Was wir kürzlich festgestellt haben, ist ein deutlicher Anstieg des Interesses potenzieller Partner, die den Wert unserer starken internationalen Kollaborationsplattform erkannt haben. Dieser Aspekt unseres Konzepts interessiert sie am meisten. Für das Jahr 2023 rechnen wir mit einem Zuwachs zwischen 5 und 15 weiteren Partnern.
Q: Was hat dich inspiriert, eine neue Art von Rechtsdienstleistungen auf den deutschen Markt zu bringen?
Während meiner Zeit in internationalen Großkanzleien fiel mir immer wieder auf, wie schwierig es ist, flexible Vereinbarungen für die Beratung von Mandanten anzubieten. Es ging nicht nur darum, rechtliche Fragen zu beantworten, sondern die Mandanten suchten nach einer echten Partnerschaft, in der sie ihre Pläne offen besprechen konnten. Die Etablierung einer solchen flexiblen Beratungspartnerschaft außerhalb der traditionellen Anwaltskanzleien stellte sich als Herausforderung dar.
Es war nicht nur schwierig, flexible Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit mit Mandanten zu schaffen, sondern auch flexible Vereinbarungen mit Partnern zu treffen, die an bestimmten Projekten interessiert sind. Bei gunnercooke sah ich dann, dass mit dieser Struktur Beratungsdienstleistungen mit anderen Partnern zusammen in einem flexiblen Format angeboten werden können. Dies ist deshalb möglich, weil jeder Partner frei entscheiden kann, welche Mandate er unter welchen Bedingungen und in welcher Zusammenarbeitsstruktur mit anderen Partnern bearbeiten möchte. Diese Freiheit, die ansonsten nur als Einzelanwalt oder in einer kleinen Boutique üblich ist, kombinieren wir mit den Ressourcen und Mandatschancen einer internationalen Großkanzlei. Dabei bestimmt der einzelne Partner, in welcher Form er in der Zusammenarbeit mit anderen Partnern diese Mandatschancen wahrnehmen will. Das geht allerdings auch mit der Verantwortung einher, sich aktiv hier einzubringen. Aber genau da hat sich gezeigt, dass die Partner an dieser Eigenverantwortlichkeit interessiert sind, die sich dann den gemeinsamen Zusammenarbeitsprojekten und Mandatsbetreuung manifestiert.
Wie ich immer wieder gerne betone, stehen wir nicht am Rande der Gesellschaft, sondern sind ein integraler Bestandteil von ihr. Wir sitzen mit unseren Mandanten an einem Tisch und arbeiten eng mit ihnen zusammen. Unser Ansatz beschränkt sich nicht auf das traditionelle Stundensatzmodell; wir suchen nach verschiedenen flexiblen Vereinbarungen, die auf den individuellen Kontext zugeschnitten sind.
Die bisherige Entwicklung zeigt, dass ich mir bei gunnercooke nicht zu viel versprochen habe.
Q: Wie unterscheidet sich gunnercooke als “Disruptor” von anderen Anwaltskanzleien?
Neu ist die Kombination von Eigenverantwortlichkeit mit den Strukturen einer internationalen Großkanzlei. Diese Kombination ist in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Deshalb haben die meisten Anwälte erst einmal Schwierigkeiten, um nicht zu sagen: Berührungsängste, sich mit diesem Modell auseinanderzusetzen. Aber natürlich machen solche Trends für unabhängiges Arbeiten, wie sie jetzt durch Covid nochmals verstärkt worden sind, es für interessierte Partner einfacher, eine solche Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Es fehlt jedoch noch ein Verständnis dafür, wie erfolgreich diese nationalen und internationalen Zusammenarbeitsstrukturen trotz der individuellen Freiheit umgesetzt werden können. Was für eine Alternative einerseits zu den harten Leitplanken einer Großkanzlei und andererseits der Vereinzelung als Einzelanwalt oder in einer kleinen Boutique.
Q: Was zeichnet die Kultur und Werte bei gunnercooke aus?
Hier mögen unsere Partnertreffen in Deutschland als Beispiel herhalten. Wir kommen über zwei Tage zusammen, um über konkrete Zusammenarbeitsprojekte zu sprechen. Das ist Brainstorming zum einen, aber zum anderen auch die Festlegung von konkreter Umsetzung. Abends kochen wir gemeinsam mit einem Starkoch. Mit diesem Format erhält unser Treffen eine völlig andere Atmosphäre im Vergleich zu herkömmlichen Partnertreffen in internationalen Anwaltskanzleien.
Bei uns geht es darum, was wir gemeinsam erreichen können, niemand wird dazu gezwungen, etwas zu tun, weil es der Managing Partner oder der Praxisgruppenleiter anordnet. Es ist vielmehr eine persönliche Entscheidung und Initiative, ein Teil davon zu sein.
Q: Gibt es weitere Expansionspläne?
Wir sind bereits in verschiedenen Jurisdiktionen präsent, wobei Anwälte aus Italien, Spanien und Frankreich spezialisierte Teams für diese Regionen bilden.
Zudem haben wir kürzlich ein österreichisches Team aufgebaut. Im Rahmen unserer Expansionsstrategie streben wir an, unseren Ansatz in ganz Europa zu etablieren. Derzeit konzentrieren wir uns auf die Entwicklung Deutschlands als Vorbild für den Rest des Kontinents. Wir planen für die nächsten Jahre einen Anstieg auf deutlich über 100 Partner in Deutschland.
Q: Wie identifizieren Sie die Anwälte, die möglicherweise gut zu gunnercooke passen?
Es beginnt damit, dass wir verstehen wollen, was sich die Partner für ihre berufliche Tätigkeit als Anwälte vorstellen. Wenn dies eine Kombination aus Unternehmergeist und dem Wunsch nach flexibler Zusammenarbeit im internationalen Kontext sein sollte, dann passt das.
Doch welche Bedenken haben potenzielle Kandidaten, die diesem Profil entsprechen? Partner aus Großkanzleien haben häufig Mühe sich vorzustellen, dass tatsächlich dieser individuelle Entscheidungsspielraum besteht und trotzdem die internationale Zusammenarbeit funktioniert. Natürlich zögert der eine oder andere Partner aus Großkanzlei, die individuelle Unternehmerrolle einzunehmen. Häufig besteht die Vorstellung einer Absicherung gerade auch in finanzieller Hinsicht in der Großkanzlei, die bei unserem individuellen Unternehmertum in der Form nicht gegeben sei. Jedoch ist diese Vorstellung der Sicherheit, wie wir alle wissen, durchaus fragwürdig, wie viele Beispiele zeigen.
Auf der anderen Seite treffen wir auf Partner, die bereits den Übergang von größeren Kanzleien vollzogen haben und entweder ihre eigenen Kanzleien gegründet haben oder in Boutique-Kanzleien arbeiten. Für diese Partner ist die Frage nach Autonomie und Entscheidungsfindung bereits geklärt. Diese Partner schließen sich uns an, weil sie die Vorteile und Möglichkeiten der Zusammenarbeit in einem internationalen Kontext erkennen – ohne gegängelt zu werden.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Sie ein Partner bei gunnercooke werden können?
Wir freuen uns, wenn wir mit Ihnen darüber sprechen können, welche Ziele Sie sich für ihr anwaltliches Geschäft, aber auch sonst, gesteckt haben.